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Sr • Ordnungszahl 38

Strontium

Strontium gehört zur Gruppe der Erdalkalimetalle. Es ist weich wie Blei und hat frisch geschnitten einen silbrigen Glanz. Es ist gut leitend und schwach magnetisch. Ähnlich Calcium reagiert es leicht mit Wasser und Luft.

Strontium kommt in der Natur nicht frei vor. Obwohl es zusammen mit Calcium weit verbreitet ist, gibt es nur zwei Haupterze, die Strontium allein enthalten.

Die wichtigste Anwendung von Strontium ist in der Pyrotechnik. In Feuerwerken und Signalfackeln sorgt es für eine rote Flammenfärbung.

Für die EU ist Strontium ein kritischer Rohstoff.

Geschichte

Stronium wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt, als der schottische Arzt und Chemiker Adair Crawford 1790 ein Mineral aus der Strontian-Region in Schottland untersuchte. Der geografische Fundort ist Namensgeber diese Elements. durch Der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth bestätigt 1793 dass es sich um ein neues Mineral handelte. 1808 isolierte der britische Chemiker Sir Humphry Davy erstmals metallisches Strontium.

Im 19. Jahrhundert wurde Strontiumhydroxid zunächst für die Zuckerraffination genutzt. Später entdeckte man die intensive rote Flammenfärbung von Strontiumsalzen, was es zu einem wichtigen Bestandteil von Feuerwerkskörpern machte.

Die industrielle Nutzung begann im 20. Jahrhundert: Strontiumoxidwurde in Fernsehröhren eingesetzt, um Röntgenstrahlung zu absorbieren.

Dann kam der Einsatz von Strontium als Legierungszusatz für Aluminium und Gusseisen um die mechanischen Eigenschaften zu verbessern

Verwendung

Strontiumcarbonat ist die geläufigste Strontiumverbindung, die als Rohstoff dient, aus dem andere Strontiumverbindungen gewonnen werden.

Die Hauptanwendung von Strontium ist in der Pyrotechnik. Strontiumsalze, wie Strontiumnitrat, verleihen Feuerwerkskörpern, militärischen und maritimen Signalleuchtraketen eine intensive rote Flammenfärbung.

In der Metallurgie verbessert Strontium in Aluminium-Silicium-Legierungen die mechanischen Eigenschaften. In der Eisen- und Stahlproduktion dient es Als Desoxidationsmittel zur Entfernung von Schwefel und Phosphor.

Neben der Pyrotechnik ist Strontium auch ein wichtiger Bestandteil bei der Herstellung von Ferritmagneten. Die Verwendung von Strontium in magnetischen Materialien ermöglicht es, zuverlässigere und effizientere Komponenten für Motoren, Sensoren und Audiogeräte zu entwickeln.

Strontiumverbindungen finden auch in der Glas- und Keramikherstellung Anwendung. Als Zusatz zu Glasrezepturen kann Strontium die optischen Eigenschaften und die Haltbarkeit des Endprodukts verbessern.

Das Radioisotop Strontium-89 dient in der Medizin zur Schmerzlinderung bei Knochenmetastasen und wirkt als Betastrahler, der gezielt Krebszellen im Knochen zerstört.

Verschiedene neue Anwendungen von Strontium, etwa in medizinischen und technologischen Anwendungen sowie in ultrapräzisen optischen Atomuhren, werden weiter erforscht.
Im Jahr 2024 wurde eine Strontium-Atomuhr als die bis dahin genaueste Uhr anerkannt.

Vorkommen, Abbau, Gewinnung

Die wichtigsten Strontium-haltigen Minerale sind Coelestin und Strontianit. Coelestin ist wirtschaftlich bedeutender, da es häufiger vorkommt

Die größten Strontiumhersteller sind Iran und Spanien sowie Chin. In Spanien betreibt das deutsche Unternehmen Kandelium Barium Strontium GmbH zwei Minen bei Granada. Die Erze werden nach Bad Hönningen zur Weiterverarbeitung verschifft. Kandelium hat einen Weltmarktanteil von etwa 35 Prozent an der Stroniumproduktion und deckt 90 Prozent des EU-Bedarfs an Strontium ab.

Die Weltproduktion von Strontium beläuft sich auf etwa 500.000 Tonnen im Jahr.

Substitution

Barium kann Strontium in keramischen Ferritmagneten ersetzen. Der resultierende Bariumverbundstoff weist jedoch im Vergleich zu Strontiumverbundstoffen eine geringere maximale Betriebstemperatur auf.
Der Ersatz von Strontium in der Pyrotechnik wird dadurch erschwert, dass es schwierig ist, die gewünschte Brillanz und Sichtbarkeit zu erreichen, die Strontium und seine Verbindungen verleihen.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Strontium ist ein im höchstreinen Zustand hellgoldgelb-glänzendes, sonst silberweißes Erdalkalimetall. Mit einem Schmelzpunkt von 777 °C und einem Siedepunkt von 1380 °C steht es beim Siedepunkt zwischen dem leichteren Calcium und dem schwereren Barium, wobei Calcium einen höheren und Barium einen niedrigeren Schmelzpunkt besitzt. Strontium besitzt nach Magnesium und Radium den niedrigsten Siedepunkt aller Erdalkalimetalle. Mit einer Dichte von 2,6 g/cm3 zählt es zu den Leichtmetallen. Strontium ist mit einer Mohshärte von 1,5 sehr weich und lässt sich leicht biegen oder walzen.

Wie Calcium kristallisiert Strontium bei Raumtemperatur in einer kubisch-flächenzentrierten Kristallstruktur in der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225) (Kupfer-Typ) mit dem Gitterparameter a = 608,5 pm sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. Daneben sind auch zwei weitere Hochtemperaturmodifikationen bekannt. Bei Temperaturen von größer 215 °C wandelt sich die Struktur in eine hexagonal-dichteste Kugelpackung (Magnesium-Typ) mit den Gitterparametern a = 432 pm und c = 706 pm um. Oberhalb von 605 °C ist schließlich eine kubisch-innenzentrierte Struktur (Wolfram-Typ) am stabilsten.

Chemische Eigenschaften

Strontium ist nach Barium und Radium das reaktivste Erdalkalimetall. Es reagiert direkt mit Halogenen, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel. Dabei bildet es immer Verbindungen, in denen es als zweiwertiges Kation vorliegt. Beim Erhitzen an der Luft verbrennt das Metall mit der typischen karminroten Flammenfärbung zu Strontiumoxid und Strontiumnitrid.

Als sehr unedles Metall reagiert Strontium mit Wasser unter Wasserstoff- und Hydroxidbildung. Strontiumhydroxid bildet sich auch schon beim Kontakt des Metalls mit feuchter Luft. Auch in Ammoniak ist Strontium löslich, dabei bilden sich blauschwarze Ammoniakate.

Im Grundwasser verhält sich Strontium meist ähnlich wie Calcium. Strontiumverbindungen sind unter schwach sauren bis basischen Bedingungen unlöslich. Erst bei niedrigerem pH-Werten tritt Strontium in gelöster Form auf. Kommt es infolge von Verwitterungsprozessen o. ä. zum Abbau von Kohlenstoffdioxid (CO2) wird das Ausfällen von Strontium zusammen mit Calcium (als Strontium- bzw. Calciumcarbonat) verstärkt. Zusätzlich kann eine hohe Kationenaustauschkapazität des Bodens die Bindung von Strontium fördern.

Isotope

Es sind insgesamt 34 Isotope und weitere neun Kernisomere bekannt. Von diesen kommen vier, 84Sr, 86Sr, 87Sr und 88Sr, natürlich vor. In der natürlichen Isotopenzusammensetzung überwiegt dabei das Isotop 88Sr mit einem Anteil von 82,58 %. 86Sr mit 9,86 % und 87Sr mit 7,0 %, sowie 84Sr mit einem Anteil von 0,56 % sind seltener.

90Sr ist ein Betastrahler mit einer Zerfallsenergie von 0,546 MeV und zerfällt mit einer Halbwertzeit von 28,78 Jahren zu 90Y, das seinerseits rasch (t1/2 = 64,1 h) unter Aussendung von energiereicher Betastrahlung (ZE = 2,282 MeV) und von Gammastrahlung zum stabilen 90Zr zerfällt. Dabei tritt es zumeist als sekundäres Spaltprodukt auf. Es entsteht innerhalb weniger Minuten durch mehrfachen Betazerfall aus primären Spaltprodukten der Massenzahl 90, die bei 5,7 % aller Kernspaltungen von 235U in Kernkraftwerken und Atombombenexplosionen auftreten. Damit ist 90Sr eines der häufigsten Spaltprodukte überhaupt.

 

 

Größere Mengen 90Sr gelangen bei allen nuklearen Katastrophen in die Umwelt. Unfälle, bei denen 90Sr in die Umwelt gelangte, waren der Windscale-Brand, bei dem 0,07 TBq 90Sr freigesetzt wurden und die Katastrophe von Tschernobyl, bei der die freigesetzte Aktivität an 90Sr 800 TBq betrug. Nach den oberirdischen Kernwaffentests vor allem in den Jahren 1955–58 und 1961–63 stieg die Belastung der Atmosphäre mit 90Sr stark an. Dies führte zusammen mit der Belastung an 137Cs 1963 zur Verabschiedung des Vertrages über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser, der solche Tests in den Unterzeichnerstaaten verbot. Daraufhin sank in den folgenden Jahren die Belastung der Atmosphäre wieder deutlich. Die gesamte, durch Kernwaffen freigesetzte Aktivität an 90Sr betrug etwa 6 · 1017 Bq (600 PBq).

Die Aufnahme von 90Sr, das etwa über belastete Milch in den Körper gelangen kann, ist gefährlich. Durch die energiereiche Betastrahlung des Isotops können Zellen in Knochen oder Knochenmark verändert und somit Knochentumore oder Leukämien ausgelöst werden. Eine Dekorporation des in die Knochen aufgenommenen Strontiums mit Chelatbildnern ist unmöglich, da diese bevorzugt Calcium komplexieren und das Strontium im Knochen verbleibt. Eine Dekorporation mit Bariumsulfat ist nur möglich, wenn sie rasch nach der Inkorporation erfolgt, bevor der Einbau in Knochen erfolgen kann. Auch der Abbau durch biologische Vorgänge verläuft nur sehr langsam, die biologische Halbwertszeit liegt in Knochen bei 49 Jahren, die effektive Halbwertszeit von 90Sr bei 18,1 Jahren. Möglicherweise bindet 90Sr an Zellen der Nebenschilddrüsen. Dies würde die Häufung von Fällen eines Hyperparathyreoidismus bei Liquidatoren des Reaktors in Tschernobyl erklären.

Die Betastrahlung von 90Sr und 90Y kann in Radionuklidbatterien, etwa für abgelegene Leuchttürme und Funkfeuer in der ehemaligen Sowjetunion, zur langlebigen Isotopenmarkierung, zur Dickenmessung von Materialien oder zum Kalibrieren von Geigerzählern genutzt werden.

87Sr ist das Zerfallsprodukt des mit einer Halbwertszeit von 48 Milliarden Jahren sehr langlebigen Rubidiumisotops 87Rb. Aus dem Verhältnis der verschiedenen Strontiumisotope kann im Rahmen einer Strontiumisotopenanalyse daher das Alter von rubidium- und strontiumhaltigen Gesteinen wie Granit bestimmt werden.

Strontium wird unter verschiedenen Bedingungen in unterschiedlichen Mengen in Knochen und Zähnen eingelagert. Gleichzeitig hängt das Isotopenverhältnis von 86Sr und 87Sr von den Gesteinen der Umgebung ab. Daher kann man aus den Isotopenverhältnissen des Strontiums mitunter Rückschlüsse auf Wanderungsbewegungen von prähistorischen Menschen ziehen.

Der kleine deutsche Kugelhaufenreaktor namens AVR neben dem Gelände des Forschungszentrums in Jülich gilt nach Angabe des Betreibers als die am stärksten mit 90Sr kontaminierte Nuklearanlage weltweit. Auch im Boden unter dem Reaktor befindet sich Strontium. Dieses soll beim Rückbau des Reaktors bis 2017[veraltet] aufwändig entfernt werden.

 

Bedeutung

Biologische Bedeutung

Nur wenige Lebewesen nutzen Strontium in biologischen Prozessen. Hierzu zählen Acantharia, einzellige eukaryontische Lebewesen, die zu den Strahlentierchen gehören und ein häufiger Bestandteil des Zooplanktons im Meer sind. Diese nutzen als einzige Protisten Strontiumsulfat als Baumaterial für das Skelett. Dadurch bewirken sie auch Veränderungen des Strontiumgehaltes in einzelnen Meeresschichten, indem sie zunächst Strontium aufnehmen und nach dem Absterben in tiefere Schichten sinken, wo sie sich auflösen.

Physiologische und therapeutische Bedeutung

Strontium ist nicht essentiell, es sind nur wenige biologische Wirkungen des Elementes bekannt. So ist es möglich, dass Strontium hemmend gegenüber Karies wirkt.

Im Tierversuch bei Schweinen zeigten sich durch eine strontiumreiche und calciumarme Ernährung Symptome wie Koordinationsstörungen, Schwachheit und Lähmungserscheinungen.

 

Strontium hat in seinen Eigenschaften große Ähnlichkeit mit Calcium. Jedoch wird es im Gegensatz zu Calcium nur in geringen Mengen über den Darm aufgenommen. Verantwortlich hierfür ist möglicherweise der größere Ionenradius des Elementes. Der Gehalt an Strontium beträgt durchschnittlich bei einem 70 Kilogramm schweren Mann nur 0,32 g, im Vergleich dazu enthält der Körper etwa 1000 g Calcium. Das aufgenommene Strontium wird – wie Calcium – vor allem in den Knochen gespeichert, was eine Behandlungsoption für die Osteoporose darstellt. Durch Salzbildung mit organischen Säuren wie Ranelicsäure oder Malonsäure wird eine entsprechend hohe Bioverfügbarkeit erreicht.

89Sr wird als Chlorid (unter dem Handelsnamen „Metastron“) zur Radionuklidtherapie von Knochenmetastasen verwendet.

Sicherheitshinweise

Wie andere Erdalkalimetalle ist Strontium brennbar. Es reagiert mit Wasser oder Kohlenstoffdioxid, so dass diese nicht als Löschmittel verwendet werden können. Zum Löschen sollten Metallbrandlöscher (Klasse D) verwendet werden, zudem ist die Verwendung von trockenem Sand, Salz und Löschpulver möglich. Weiterhin bildet sich bei Kontakt mit Wasser Wasserstoff, der explosionsgefährlich ist. Für die Beseitigung kleiner Mengen kann Strontium mit Isopropanol, tert-Butanol oder Octanol umgesetzt werden.

 

Verbindungen

Wie alle Erdalkalimetalle kommt Strontium in stabilen Verbindungen ausschließlich in der Oxidationsstufe +2 vor. Es handelt sich in der Regel um farblose, häufig gut wasserlösliche Salze.

Halogenide

Mit den Halogenen Fluor, Chlor, Brom und Iod bildet Strontium jeweils ein Halogenid mit der allgemeinen Formel SrX2. Es sind typische, farblose und bis auf Strontiumfluorid gut wasserlösliche Salze. Sie können durch Umsetzung von Strontiumcarbonat mit Halogenwasserstoffsäuren wie Flusssäure oder Salzsäure dargestellt werden. Verwendung findet unter anderen Strontiumchlorid als Zwischenprodukt für die Herstellung anderer Strontiumverbindungen sowie in Zahnpasta, wo es gegen schmerzempfindliche Zähne wirken soll.

Salze von Sauerstoffsäuren

Industriell wichtig sind vor allem die Strontiumsalze von Sauerstoffsäuren wie Strontiumcarbonat, Strontiumnitrat, Strontiumsulfat oder Strontiumchromat. Strontiumcarbonat ist die wichtigste Handelsform von Strontiumverbindungen, der Großteil des abgebauten Coelestins wird zu Strontiumcarbonat umgesetzt. Verwendet wird es vor allem zur Herstellung von röntgenabsorbierendem Glas für Kathodenstrahlröhren, aber auch für die Herstellung von Strontiumferrit für Permanentmagnete oder Elektrokeramiken. Strontiumnitrat wird vorwiegend in der Pyrotechnik für die Strontium-typische rote Flammenfärbung eingesetzt, das gelbe Strontiumchromat dient als Grundierung gegen Korrosion von Aluminium im Flugzeug- oder Schiffbau.

Weitere Strontiumverbindungen

Strontium(I)-Verbindungen wurden als instabile Zwischenstufen in heißen Flammen nachgewiesen. Dabei ist Strontium(I)hydroxid, SrOH, ähnlich wie Strontium(I)chlorid, SrCl, ein starker Emitter im roten Spektralbereich und fungiert als alleiniger Farbgeber in lichtstarken und tiefgesättigten roten pyrotechnischen Leuchtsätzen.

Organische Strontiumverbindungen

Organische Strontiumverbindungen sind nur in geringem Maße bekannt und untersucht, da sie sehr reaktiv sind und auch mit vielen Lösungsmitteln wie Ethern reagieren können. In unpolaren Lösungsmitteln sind sie dagegen unlöslich. Dargestellt wurde unter anderem ein Metallocen mit Pentamethylcyclopentadienyl-Anionen (Cp*), das in der Gasphase im Gegensatz zu anderen Metallocenen wie Ferrocen gewinkelt ist.